Bedürfnisorientiertes Hundetraining beginnt bei dir
Bedürfnisorientiertes Hundetraining beginnt bei dir

Bedürfnisorientiertes Hundetraining beginnt bei dir

Bedürfnisorientiertes Hundetraining ist in aller Munde – und das ist auch gut so. Doch dabei wird oft ein entscheidender Punkt vergessen: deine eigenen Bedürfnisse. Warum es manchmal sogar wichtiger ist, zuerst auf dich selbst zu achten, und was das mit echter Verbindung zu deinem Hund zu tun hat, liest du hier.

Bedürfnisse im Hundetraining

Im bedürfnisorienteirten Hundetarining wird ohne Druck, Korrekturen oder Strafe gearbeitet und stattdessen auf die Erfüllung der Bedürfnisse des Hundes gesetzt. Es handelt sich um eine belohnungsbasierte Trainingsweise, also positive Verstärkung.
Ziel ist, das Verhalten des Hundes zu verstehen, ihn zu sehen und zu lesen und unerwünschtes Verhalten nicht einfach nur zu unterdrücken. Auf diese Weise finden wir gemeinsame Lösungen für ein harmonisches Miteinander. Wer bedürfnisorientiert mit seinem Hund trainiert, trainiert also in der Regel freundlich und fair mit ihm. So weit, so gut.

Und deine Bedürfnisse?

Aber, was ist mit den menschlichen Bedürfnissen? Wer fragt nach diesen?

Ich tue das, denn diese sind der Schlüssel und sollten ggf. sogar zuerst kommen – noch vor denen des Hundes.

Wenn ich richtig doll Hunger habe (also so doll, dass ich schon hart an der Grenze bin, dass es gleich doof wird – vor allem die Frauen wissen vermutlich, was ich meine ;-)) und meine Hunde aber auch Hunger haben, werde ich zuerst mich „füttern“ und dann sie. Ja, dann müssen sie einen Moment länger warten und sind deswegen evtl. unzufrieden und ungeduldig – was ich verstehen kann, denn mir geht es ja auch nicht anders, wenn ich auf mein Essen warten muss. Gleichzeitig können sie das aber auch gut verpacken, wenn sie es eben gelernt haben, so dass es wenig bis gar keinen Frust oder Stress auslöst. Meine Hunde dösen meistens einfach ganz entspannt, wenn erst ich esse und sie eben kurz warten. Direkt danach bekommen sie dann ihr Futter.

Wenn ich zwar auch Hunger habe, aber noch nicht so doll und sie gleichzeitig wiederum auch, dann füttere ich hingegen sie zuerst, weil ich sie nicht unnötig warten lassen möchte. Denn nein, sie werden nicht die Weltherrschaft an sich reißen, wenn sie vor mir essen. 😉

So ist es recht einfach für mich, zu entscheiden, wessen Bedürfnisse denn jetzt gerade in dieser speziellen Situtaion Vorrang haben.

Deine Bedürfnisse kommen zuerst

Und warum sage ich nun, dass im Zweifel meine Bedürfnisse (also die des Menschen) zuerst kommen sollten?

Ich kenne es von mir selbst, dass ich eigentlich Hunger habe, aber gerade etwas mache, was ich fertig haben möchte (wie bspw. so einen Artikel), aber nicht auf dieses Bedürfnis reagiere, weil ich will das ja eben noch schnell fertig machen… „Mal eben“ dauert dann in der Regel aber manchal länger als gedacht und Schwups, bin ich an dem Punkt, wo es wieder „kritisch“ mit dem Hungergefühl wird. Wenn jetzt einer der Hunde etwas macht oder will, was mich in irgendeiner Form triggert, dann kann ich womöglich nicht adäquat darauf reagieren, was dann aber nicht die „Schuld“ meines Hundes ist, sondern meine eigene.

Wenn ich aber für mich gesorgt hätte, hätte ich mit Sicherheit auch die Fähigkeit, angemessen und entspannt auf das Verhalten meiner Hunde zu reagieren – selbst, wenn das gerade etwas ist, was mir nicht passt.

Ein anderes Beispiel: Ich kenne viele Menschen, die sich das Pippi machen häufig lange verkneifen. Manchmal so lange, dass es schon echt unangenehm wird. Kennst du das von dir auch? Warum machen wir sowas? Es macht einfach keinen Sinn.

Wir dürfen uns um uns kümmern und gut zu uns sein und dann haben wir auch die Kapazität, uns gut und liebevoll um unsere Hunde zu kümmern. Ich glaube, jeder kennt das, wenn die Zündschnur zu kurz ist, weil man selbst gerade komplett überlastet ist. Und da sind Hunger oder auch Schlafmangel absolut keine guten Begleiter.

Ich glaube, das wir durch die Konditionierung in unserer heutigen Gesellschaft, dass wir nicht mehr wissen, wie wir uns selbst spüren und wissen, was wir brauchen und was uns gut tut, nicht nur von uns selbst getrennt werden, sondern auch von anderen Lebewesen (inklusive unsere Hunde), die uns am Herzen liegen. Es scheint normal zu sein oder vielleicht sogar irgendwie schon auf eine merkwürdige Art „in“, nicht liebevoll mit sich selbst zu sein und für sich zu sorgen. Ja, wie soll es dann für unsere Hunde aussehen? Wie sollen wir da eine andere Perspektive drauf haben können?

Die Bedeutung von Grundbedürfnissen

Grundbedürfnisse sollten meiner Meinung nach immer und zu jeder Zeit bedingungslos erfüllt werden.

Das gilt für meine Hunde:

  • Sie sollen schlafen bzw. ruhen so viel, wie sie möchten bzw. wie sie es brauchen.
  • Sie müssen jetzt raus? Dann gehen wir jetzt raus (es sei denn es gibt etwas extrem Wichtiges, das mich in diesem Moment wirklich davon abhält).
  • Sie haben jetzt gerade Hunger – dann gibt es jetzt etwas zu essen. Nicht zu irgendwelchen festen Futterzeiten (ich esse auch nicht zu festen Zeiten) – wobei es Hunde gibt, die das total mögen und dann zu „ihrer“ Zeit auch ihre Menschen daran erinnern, dass es soweit ist. Alles fein, solange es zu dem jeweiligen Hund passt. Aber einen Hund warten zu lassen, der gerade signalisiert, dass er Hunger hat, aber noch nicht seine Futterzeit ist, kann ich persönlich nicht nachvollziehen.
  • Sie haben noch mehr Hunger und möchten noch mehr haben? Okay, gern, bekommen sie. Das funktioniert tatsächlich nicht für alle Hunde (da manche Hunde quasi immer Hunger haben und sich dann einfach ständig überfressen würden und dementsprchend auch zunehmen würden), aber bei uns absolut hervorragend und alle meine drei Hunde sind schlank.
  • Für mich gehört zu den Grundbedürfnissen auch das Gefühl von Sicherheit dazu. Der Hund fühlt sich in sich selbst, generell im Leben, in bestimmten Situationen und vor allem auch mit mir – als seinem wichtigsten Bindungspartner (!) – sicher. Und das kommt häufig nicht von allein, sondern wir dürfen dafür aktiv etwas tun und uns dementsprechend unserem Hund gegenüber verhalten, so dass er das Gefühl der Sicherheit aufbauen kann.
  • Grundbedürfnisse sind z.B. auch das Erkunden der Umwelt, also für viele Hunde unter anderem Schnüffeln. Darf dein Hund schnüffeln? Darf dein Hund seinen Hundedingen nachgehen (soweit er damit nicht sich, dich oder andere Menschen und Hunde in Gefahr bringt)?

Diese Auflistung ist nicht vollständig, aber ich wollte gern ein paar Beispiele zur Veranschaulichung geben.

Bedürfnisse und Wohlbefinden

Wenn Bedürfnisse erfüllt werden, trägt das massiv zum Wohlbefinden bei. Ich würde sogar so weit gehen und sagen: Das ist eine Voraussetzung, das sich ein Lebenwesen überhaupt wohlfühlen kann.

Das gilt natürlich gleichermaßen für dich, wie für deinen Hund.

Insofern ist es meiner Meinung nach absolut nicht fair und in gewisser Weise in miener Welt schon manchmal tierschutzrelevant, wenn ich manche Trainingsansätze so sehe.

„Der soll sich sein Futter erarbeiten.“ – Bei mir auf gar keinen Fall. Was ist das für eine Einstellung? Diesen Ansatz werde ich nie verstehen (und möchte das auch gar nicht). Da soll sich schon der Welpe das Futter „erarbeiten“, das finde ich persönlich einfach nur traurig.

Der Hund wird „frei gegeben“, damit er schnüffeln darf. What? Ja, schnüffeln geht nicht immer, schon klar. Aber was ist das für eine Idee: Der Hund braucht meine „Erlaubnis“, einem seiner ureigensten Bedürnisse nachzugehen? Ähm, nein, bei mir nicht.

Und ja, es gibt Bedürfnisse, die wir nicht einfach so erfüllen können. Jagen zum Beispiel. Das lasse ich auch nicht zu, denn das kann Gefahr für den eigenen Hund, das gejagte Tier, andere Tiere, Menschen usw. bedeuten. Bei dieser Art von Bedürfnissen kann ich aber so trainieren, dass ich den Hund in seinem Bedürfnis an einer Stelle abhole, die für mich noch okay ist und dann in eine andere Aktivität umlenke. Das eigentliche Jagen beginnt ja nicht erst in dem Moment, wo der Hund hinter dem Reh herläuft, sondern bereits viel früher. Wenn der Hund das Reh bereits anguckt, aber noch steht, ist das für mich total okay. Und ja, es ist möglcih, das so zu handhaben, dass dem Hund das dann reichen kann und er nicht mehr auf Biegen und Brechen hinterher rennen muss.

Jagdtrieb kann man übrigens nicht abtrainieren, weil es sich um ein angeborenes Verhalten handelt. Aber ich kann es in Bahnen lenken, in denen alle zufrieden sind und Bedürfnisse trotzdem erfüllt werden können (nur auf eine andere Art).

Du gehst vor

Ich stehe für eine Beziehung von Menschen und Hunden auf Augenhöhe und sehe uns als gleichberechtigte Partner. Ich bin nicht der Rudelführer oder Chef oder so ein Quatsch. Ich bin meinen Hunden der beste Freund, der sie auch mir sind.

Und gleichzeitig leben wir gemeinsam in einer menschlich geprägten Welt, so dass es an uns Menschen steht, die Führung in dieser Beziehung zu übernehmen – und zwar aus dem Herzen heraus, nicht im Sinne von einer Dominanz, denn die braucht es nicht und die haben unsere Hunde auch nicht verdient. Unsere Hunde brauchen durchaus unsere Hilfe und Unterstützung in einer Welt, die häufig gar nicht für sie gemacht ist (für uns by the way oftmals auch nicht, weshalb es so wichtig ist, dass wir auch zu uns schauen). Sie brauchen keinen Druck und kein Gehorsamstraining, sondern unsere Begleitung. Damit wir beide gemeinsam entspannt Seite an Seite durch’s Leben gehen können. Und diese Begleitung können wir ihnen nur wirklich gut geben, wenn wir zu uns schauen. Ich kann nur für meinen Hund da sein, wenn ich für mich da bin. Oder: Ich kann nur gut zu meinem Hund sein, wenn ich gut zu mir selbst bin.

Also bevor du nach den Bedürfnissen deines Hundes schaust, schau am besten zuerst zu deinen eigenen.

Schau hier vor allem nach deinen Grundbedürfnissen, wie z.B. Hunger, Durst und Müdigkeit, aber ggf. auch darüber hinaus. Frag dich:

  • Wie geht es mir gerade?
  • Wie fühle ich mich?
  • Was brauche ich jetzt?
  • Was würde mir gerade richtig gut tun?

Und dann auch danach zu handeln. 🙂

Die Verbindung zu dir selbst

Verbindung zu deinem Hund beginnt bei der Verbindung zu dir selbst. Und die Erfüllung deiner Grundbedürfnisse ist da die absolute Basis. Ich lade dich ein, wieder mehr zu spüren, wieder mehr zu fühlen und wieder mehr lieb zu dir zu sein. Und wenn das das Einzige wäre, was du tun würdest, glaub mir, es würde bereits Auswirkungen auf die Beziehung zu deinem Hund haben. Und wenn du darüber hinaus dann noch auf die Bedürfnisse deines Hundes schaust, dann wird’s erst richtig schön.

Wenn du Fragen hast, etwas mit mir teilen möchtest oder mehr wissen möchtest, schreib mir einfach eine Email an anna@anna-nagel.com. Ich freu mich auf dich.

Von Herzen, deine Anna

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